Die Baroviers: Eine Familie revolutioniert Murano-Glas

Für Kenner und Sammler wie den Schweizer Peter Grünbaum ist Muranoglas eine einzigartige Verbindung aus Design, Kunst und Handwerk. Besonders angetan ist der „pathologische Sammler“ von den außergewöhnlichen Stücken der Familie Barovier.

Die Familie Barovier hat die Geschichte der Glaskunst auf der Insel Murano maßgeblich geprägt und das Handwerk über Jahrhunderte hinweg weiterentwickelt. Barovier & Toso, eines der ältesten Unternehmen der Welt, hat seine Wurzeln im Jahr 1295 und ist bekannt für seine herausragenden Glasarbeiten, insbesondere für die „Mosaico“-Technik. Diese Technik ist ein Paradebeispiel für die technische und künstlerische Expertise, die mit dem Namen Barovier verbunden ist.

Die „Mosaico“-Technik, bei der kleine Glasstücke, sogenannte „Murrine“, zu kunstvollen Mosaiken zusammengesetzt werden, erfordert höchste Präzision und handwerkliches Können. Die Murrine bestehen aus Glasstäben, die in verschiedenen Schichten geschmolzen und anschließend in dünne Scheiben geschnitten werden. Durch diese Technik entstehen komplexe Muster mit intensiven Farben und feinen Details, die optisch und technisch beeindruckend sind.

Ein Mosaik entsteht, indem die Murrine auf einer ebenen Fläche erhitzt wird, bis sie miteinander verklebt. Anschließend wird das Mosaik auf eine Glaskugel aufgebracht, die von erfahrenen Glasbläsern geformt wird. Der Erfolg dieses Prozesses hängt von der präzisen Temperaturkontrolle ab: Ist die Hitze zu hoch, kann das Muster verzerrt werden; ist sie zu niedrig, schmelzen die Glasstücke nicht richtig. Dieser Prozess unterstreicht das herausragende Können der Glaskünstler von Barovier.

Die „Mosaico“-Technik ist nicht nur technisch, sondern auch künstlerisch bemerkenswert. Die farbenfrohen Muster lassen sich in einer Vielzahl von Formen und Designs gestalten – von floralen Motiven bis hin zu abstrakten Kompositionen. Diese Vielseitigkeit ermöglicht es Barovier, traditionelle und moderne Stile zu kombinieren. Mosaico-Werke finden sich in renommierten Sammlungen weltweit. Die Art und Weise, wie diese Glasarbeiten das Licht einfangen und reflektieren, verleiht ihnen eine dynamische Qualität, die ihre visuelle Attraktivität verstärkt.


Barovier & Toso verbindet Tradition und Innovation.

Trotz jahrhundertealten Wissens schaffen Glasmeister immer noch neue Interpretationen der Mosaiktechnik. Diese kontinuierliche Weiterentwicklung spiegelt sich in den innovativen Formen und Farben wider, die von klassischen Vasen bis hin zu modernen Skulpturen reichen. Auch die Einflüsse der italienischen Renaissance sind erkennbar, insbesondere in den detailreichen Mosaiken, die an historische Kunstwerke dieser Zeit erinnern.

Peter Grünbaum, seit über 30 Jahren ein passionierter Sammler von Glasobjekten, ließ die Mosaikobjekte seiner umfangreichen Sammlung vom renommierten Experten Giancarlo Tosi, selbst in Murano geboren und einer der anerkanntesten Glasmachermeister, kritisch begutachten. Dessen Urteil bestätigt den Sammler Grünbaum und unterstreicht die Einzigartigkeit der Objekte: „Als ich diese seltenen Mosaikvasen sah, war ich begeistert, denn man erkannte sofort die Charakteristika der Originalstücke, das ‚schmutzige‘ Glas. Damals wurden die Öfen mit Holz und Kohle befeuert, daher war die Glasmasse mit den kohlenstoffhaltigen Rückständen der Verbrennung, Asche und Lapilli verunreinigt, die all diese Mikrobläschen bildeten. Vor einigen Jahren sah ich zufällig ein Paar Mosaikvasen, die erst kürzlich hergestellt worden waren. Sie waren völlig anders: Die Murrine waren alle quadratisch und identisch mit denen einer OCCHI-Vase von Scarpa. Das Glas war absolut sauber und klar, die Oberfläche perfekt glatt. Kurz gesagt, man konnte deutlich erkennen, dass es sich um Kopien handelte!“

Mosaico: ein einzigartiges Erbe aus acht Jahrhunderten

Die lange Geschichte der Familie Barovier beginnt mit Jacobello Barovier, der 1295 geboren wurde und als Stammvater der Glasmacherfamilie gilt. Im 15. Jahrhundert entwickelte sein Nachkomme Angelo Barovier das berühmte Cristallo-Glas, das als besonders klar, farblos und durchsichtig galt. Diese Erfindung setzte neue Maßstäbe in der Glasmacherkunst und festigte den Ruf der Familie als Pionier auf diesem Gebiet.

Nach Napoleons Eroberung Venedigs 1797 und der anschließenden Kontrolle durch Österreich litt die Glasproduktion in Murano stark. Das Wissen und die Techniken der Familie Barovier blieben jedoch erhalten. Mit der Wiedervereinigung Venedigs mit Italien 1866 florierte die Glasproduktion erneut. In dieser Zeit war es Antonio Salviati, der das Handwerk wiederbelebte und den Brüdern Barovier die Möglichkeit gab, ihre Kunst weiterzuentwickeln.

1896 gründeten Benedetto, Benvenuto und Giuseppe Barovier die Firma „Artisti Barovier“. Giuseppe galt als einer der bedeutendsten Glaskünstler Muranos, insbesondere für seine Arbeiten in der Mosaiktechnik. Nach dem Ersten Weltkrieg übernahmen Nicolò und Ercole Barovier die Leitung des Unternehmens, das 1919 in „Artistica Barovier“ umbenannt wurde. Ercole Barovier leitete das Unternehmen mit außergewöhnlicher Kreativität und brachte 1929 die berühmte Serie „Primavera“ auf den Markt, deren Glasstücke sich durch dicke, transparente Wände mit einem Netzwerk aus Blasen und Rissen auszeichneten. Diese Technik konnte nie kopiert werden, was die Werke dieser Serie heute besonders wertvoll macht.

Die Werke von Barovier & Toso, insbesondere die von Ercole Barovier, erzielen auch heute noch hohe Preise auf Auktionen. Eine Vase von Ercole Barovier aus dem Jahr 1930 wurde 2014 für 317.000 US-Dollar versteigert, was den anhaltenden Wert und die Bedeutung dieser Glaskunstwerke unterstreicht.

Barovier & Toso steht weiterhin für die Verbindung von Tradition und Moderne in der Glasmacherkunst und setzt Maßstäbe für handwerkliche Exzellenz. Die „Mosaico“-Technik, die technische Raffinesse mit künstlerischer Innovation verbindet, ist ein zentrales Element des Erbes dieser außergewöhnlichen Familie.